Leaving the comfort zone: Der Stoneman Dolomiti Teil 2

Leaving the comfort zone: Der Stoneman Dolomiti Teil 2

Nachdem wir Tag 1 erfolgreich hinter uns gebracht haben, stehen uns weitere zwei harte Tage voller Kälte, Nässe und kräftezehrender Aufstiege bevor. Das Ziel: Ein Steinmännchen, das unseren Leidensweg durch die Sextner Dolomiten manifestiert.

Völlig erschöpft von unserer Schneewanderung auf den Markinkele sacken wir in unserer Ferienwohnung auf unsere Betten und Sofas. Keiner traut sich so recht das weitere Vorhaben für den nächsten Tag anzusprechen, geschweige denn daran überhaupt zu denken. Trotzdem werden nach dem hervorragenden Abendessen in unserem Stammrestaurant Riga erste Vorbeugungsmaßnahmen ergriffen und alle möglichen Salben auf Schenkel und Waden geschmiert, in der Hoffnung, der Körper zeige sich morgen dadurch noch einigermaßen gnädig. Bevor es endlich ins Bett geht, wird nochmals die Karte geprüft. Mit ungefähr 50 Kilometern Strecke ist die morgige Tour zwar um gut 10 Kilometer kürzer als am ersten Tag, jedoch müssen knapp 500 Höhenmeter mehr bewältigt werden. Angesichts der widrigen Bedingungen stellen wir uns auf das schlimmste ein und packen alles in unseren Rucksack, was der Platz hergibt.

24.Mai: Wer hätte das gedacht? Nicht der Wecker reißt uns aus dem Schlaf, sondern strahlender Sonnenschein! Ich springe auf und reiße voller Freude den Vorhang auf. Zum ersten Mal lässt sich erkennen, in welcher atemberaubenden Berglandschaft wir uns überhaupt befinden, da sich die sonst so dichten tiefhängenden Wolken verzogen haben. Fortan ist die Stimmung super und jeder hat wieder Lust aufs Bike zu springen und die Berge der Sextner Dolomiten unter die Stollen zu nehmen.

Sextner Dolomiten - clouds

Früh am Morgen lassen zeigen sich die einzigartigen Berge der Region 

Von unserer Ferienwohnung aus rollen wir in zügigem Tempo Richtung Nemesalm. Der Anstieg zieht von Höhenmeter zu Höhenmeter immer weiter an, sodass wir relativ zügig die Alm erreichen. Im Angesicht des Passo Silvellas treten wir stetig weiter in die Pedale. Die Temperatur fällt von Meter zu Meter nun merklich ab. Die Schneegrenze liegt hier mittlerweile schon bei etwa 1800 Höhenmeter und so werden unsere Befürchtungen letztendlich wieder zur unliebsamen Realität. Uns bleibt keine andere Wahl, als unsere Bikes auf dem Weg, der sich mit menschenfeindlicher Steigung zum Passo Silvella hochschraubt, erneut durch den Schnee zu schieben. Almpfade können wir dabei nur erahnen und so kommt es, dass wir unsere Bikes einfach auf die Schulter nehmen und es querfeldein den Berg hinauf hiefen. Immer wieder sinken wir dabei knietief in den Schnee. Schon lange hat sich jegliches Gefühl aus meinen Füßen verabschiedet. Zum ersten Mal realisiere ich, wie wichtig ist, in solchen Situationen ein Ziel vor Augen zu haben, sei es auch nur eine rostige Stoneman-Tafel. Was normalerweise in einer halben Stunde zu schaffen ist, kostet uns neben zahlreichen Nerven, Schmerzen und Kraft sage und schreibe 3 (!) Stunden.

Stoneman Dolomiti Passo Silvella

Querfeldein bahnen wir uns den Weg zum Passo Silvella

Auf dem Pass angekommen lassen wir es uns nicht nehmen die Aussicht, die sich uns bietet für einen Moment zu genießen und uns nach dem harten Aufstieg eine kleine Pause zu gönnen. Doch wie auch am Vortag folgt kurz darauf die Enttäuschung: Wie auch die Demutpassage ist ein Bergkamm-Trail, der in dem Promotion-Video des Stoneman-Dolomiti zu sehen ist und uns Freudentränen in die Augen trieb, nicht befahrbar.

Stoneman Dolomiti Passo Silvella Checkpoint

Praktisch: Tiefschnee als Fahrradständer 

Stoneman Dolomiti Passo Silvella view

Auf dem Gipfel erleben wir eine einzigartige Atmosphäre 

Wieder muss ein Plan B her und so schlittern wir kurz darauf  einen Karrenweg in Manier eines Megavalanche-Rennens Richtung Tal, bis wir schließlich wieder Grip unter unseren Rädern zu spüren bekommen. Glücklicherweise sind die zwei restlichen Stempelstationen sehr gut über Teerstraßen erreichbar, sodass wir die restlichen Kilometer nach Sexten bei immer besser werdenden Wetter mit relativ wenig Anstrengung ausrollen lassen können. Währenddessen finden wir am Wegrand immer wieder kleine nette Trails. Angesichts der Umstände eine willkommene Abwechslung. Wie in den Stunden zuvor schwirren dabei in unseren Köpfen immer wieder die Gedanken an eine warme Dusche, saftige Tomahawk-Steaks und weiche Betten!

25.Mai: Der dritte und letzte Tag unseres Abenteuers sollte uns zur Sillianerhütte auf 2447 Meter führen. Bei angenehmer Steigung und strahlendem Sonnenschein pedalieren wir gemütlich Richtung Gipfel. Verglichen mit den Tagen davor eine wahre Wohltat!

Stoneman Dolomiti uphill

Solche Aussichten hatten wir leider viel zu selten

So hatte es zumindest fürs Erste den Anschein. Nach endlosen Serpentinen auf Asphalt geht der Weg wieder in eine schottrige Militärstraße über, die sich weiter den Berg hochschlängelt. Die Sillianerhütte stets im Blick kämpfen wir uns also entlang der Bergflanke weiter. Was das Auge aber nicht sieht, sind die kleinen Tälchen, die dem Weg zum Gipfel seine Kilometer verleiht. Doch auch hier heißt es letztendlich einige Meter  vor dem Ziel wieder den Sattel zu verlassen und zu schieben. Murren tut darüber keiner mehr, wohlwissend, dass es nur noch wenige Schritte zum Ziel sein werden. Da der Weg aber schließlich zum tiefen schneeverwehten Singletrail an der Bergflanke wird, beschließen wir die Bikes stehen zu lassen und die restlichen Meter zu Fuß weiterzugehen. Schließlich ist es vollbracht: Auf der Sillianerhütte komplettieren wir unser verkrumpeltes Stempelarmband und wissen, dass unser Leidensweg hier zu Ende ist. Theoretisch kann es jetzt nur noch geografisch bergab gehen. Angesammelter Frust, Müdigkeit und Schmerzen. Alles weicht in diesem Moment der Gewissheit über das eigene Geleistete.

Stoneman Dolomiti Sillianerhütte Checkpoint

Da ist das Ding! Nach Stunden der Selbstmalträtierung erreichen wir die letzte Stempelstation

Nach den obligatorischen Gipfelbildern nehmen wir nun endlich die heiß ersehnte Abfahrt in Angriff. Glücklicherweise zeigte uns Roland Stauder zuvor einige Trails auf der Karte, die von der Hütte aus ins Tal trotz der Wetterlage gut befahrbar sein könnten. Wir entscheiden uns für eine sehr direkte Variante mit vielen Serpentinen und haben Glück. Wir finden einen Trail vor, der von Schnee weitgehend unberührt geblieben ist und die zurückliegenden Strapazen fast schon vergessen macht. Während am Anfang durch einzelne Schneefelder, engen Kurven und loses Geröll noch Vorsicht geboten ist, lädt der Trail wenig später ein, es laufen zu lassen. Mit einem breiten Grinsen spuckt uns der Trail nicht weit von Sexten entfernt schließlich wieder aus. Völlig verdreckt und erschöpft aber überglücklich nehmen wir dort unsere hart erkämpften Stoneman-Pokale entgegen und treten schließlich wieder die Heimreise an. Dabei bleibt uns genügend Zeit die vergangenen Tage zu Reflektieren.

Dass die drei Tage in den Sextner Dolomiten mit Trailspaß relativ wenig zu hatten, darüber waren wir uns alle schnell einig. Das wahre Gesicht des Stoneman-Trails haben wir durch die schneebedeckte Landschaft jenseits der 1500 Höhenmeter überhaupt nicht zu Gesicht bekommen. Doch haben sich unsere oft frustrierenden Schneeexpeditionen zu einem unvergesslichen Abenteuer entwickelt, das bei unseren gemeinsamen Zusammenkommen auf der Liste der ,,Most-told-stories“ mit Sicherheit für sehr lange Zeit ganz oben stehen wird.

 

Autor: Pascal Fessler

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3 Gedanken zu „Leaving the comfort zone: Der Stoneman Dolomiti Teil 2

  1. Hallo Pascal

    echt super niedergeschrieben. Da wird alles noch einmal lebendig.
    Gruß Jörg

    1. Danke Jörg!

  2. Krasse Nummer… ich bin das Ding schon am Stück gefahren, aber tauschen wollte ich nicht 🙁

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